Sonntag, 10. März 2013

A ragtime a day? - noch ein Ragtime

Diatonische Tonleiter, chromatische Tonleiter – was kann man noch als Motiv für eine Ragtime verwenden? Na klar: Gestapelte kleine Terzen:


Hier ist der Diminished Rag. Er ist allerdings ... nun ja ... nicht so wirklich erste Sahne. Aber was soll's? Zuerst erzähle ich – für Leute, die so was interessiert –, wie ich noch mit halbwegs ernsthaftem Bemühen die ersten acht Takte konstruiert habe. Das hat sich ziemlich "harmonisch-technisch" abgespielt. Nachdem ich mir den verminderten Dreiklang auf d vorgegeben hatte, musste damit ja irgendwas passieren. In einer Moll-Tonart lässt sich dieser Akkord einfach in die Tonika auflösen – gesagt, getan! Eine Umkehrung des Zielakkordes bestärkt ihn noch:


Mit dem nun erreichten c kann man (Sequenz! – übliches Ragtime-Muster; und zur Bestärkung eines Motivs nützlich) dasselbe noch einmal wiederholen, also den verminderten Dreiklang im zweiten Takt auf's c setzen:


Plötzlich und unvermutet bin ich nun aber in b-moll! Ich will aber wieder zurück nach c-moll – nur wie? Idee: Das hohe des ist ja Non des Dominantseptnonakkords (was für ein Name) von f-moll – und das ist schon der halbe Weg zurück nach c-moll! Also dieses Patent zweimal anwenden, und das war's.

Im Detail: Wenn man beim Dominantseptnonakkord den Grundton weglässt, hat man "verkürzten Dominantseptnonakkord", was de facto ein weiterer verminderter Dreiklang ist – hier sieht man ihn im letzten Takt auf e:


Noch einmal derselbe Gag: Wir sind am as, das ist die Non von einem G7/9b, und mit irgendeiner Kadenz bin ich dann wieder in c-moll:


Tatsächlich hab ich noch einen weiteren verminderter Akkord vor die Schlusskadenz geschoben (siehe PDF und MIDI weiter unten), weil "Platz war" (man kann den zusätzlichen Akkord schon auch harmonisch erklären, aber wozu?).

Seitenthema: Natürlich in C-Dur (natürlich? Naja – erstens üblich in einigen klassischen Formen; und zweitens soll ein Ragtime schon etwas strahlen, also muss ich weg aus Moll):


Nichts besonderes zu vermerken, außer dass ich mit dem Thema "irgendwohin" abdampfe ... hier beginnt's schon sehr mit der "nicht erste Sahne"-Qualität. Nach ein paar Querelen schaffe ich's ziemlich brutal zurück nach c-moll, und das Anfangsthema kommt wieder kurz dran. Dann allerdings verliert es sich in einer ewigen Folge von verminderten Septakkorden Richtung "irgendwohin" – sowas lässt sich wirklich leicht komponieren (oder muss ich das schon unter Anführungszeichen schreiben: "komponieren"?). Eine doppelte Verkürzung produziert die nötige Schlusssteigerung, einmal retour mit zwei fallenden Akkordzerlegungen (natürlich von verminderten Akkorden), und Schluss!


Hier ist
Wenn ich ehrlich bin, finde ich, ist das ein "Lehrbuchstück", wie man ein ernstzunehmendes Musikstück nicht schreibt – wer will, kann ja einmal Punkte aufschreiben, was alles "falsch" ist. Unter anderem: Es ist grad einmal eine Minute lang, versucht aber in dieser Minute mindestens vier verschiedenen Stimmungen nachzulaufen:
  1. Ragtime
  2. Tango
  3. Menuett
  4. Virtuosenstück
Was könnte man mit dem Stück tun? Einerseits: Es trotzdem spielen – weil's so eine Ansammlung von Verschiedenem ist, ist's vielleicht ganz lustig! Andererseits könnte man es einfach als Steinbruch für Ideen verwenden, die man woanders reinbaut ...

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