Im Lauf des letzten Jahres habe ich einige Stücke für Chor komponiert – sozusagen angestiftet durch den evangelischen Kirchenchor, bei dem ich seit einer Zeitlang im Bass mitsinge oder den ich (momentan erstaunlich oft) am Klavier begleite. Ein Stück von mir
haben wir letztes Jahr aufgeführt, ein weiteres
singen wir morgen zum ersten Mal vor Publikum – aber hier möchte ich eines vorstellen, dass mir vor nicht ganz einem Monat eingefallen ist:
"What a lovely winter" für fünfstimmigen Chor, mit ein wenig über drei Minuten Dauer:
- Drei Frauenstimmen (zwei Soprane und eine Altstimme, alle eher tief) und
- zwei Männerstimmen (ein tiefer "Liege"-Bass – da reicht eine Solostimme – und ein melodischer Bass)
Ein Klick auf das folgende Bild öffnet die MP3-Datei (mit "Computerstimme"), danach stehen Links zu allen Dateien:
Meine Idee für dieses Stück war, ein nicht-kirchliches Lied für ein Advent- oder Weihnachtskonzert zu schreiben. Komponieren, auch für Sänger, beginnt bei mir in der Regel von der Melodie her: Mir fällt eine
Phrase ein (tatsächlich "will ich eine Phrase komponieren" – es ist also ein ziemlich aktiver Vorgang, der aber trotzdem meistens am Arbeitsweg oder beim Autofahren stattfindet) – also mir fällt eine Phrase ein, meistens schon mehrstimmig oder mit einer Idee, wie Stimmen mit- oder gegeneinander gesetzt werden:
Und dann ... steh ich da, weil ich keinen Text dazu habe. Also lasse ich mir ein
Textstück einfallen, das auf die musikalische Phrase draufpasst. Diesmal war's ein englisches "Snippet": "What a lovely winter". Ein wenig Suchen nach Worten erzeugt daraus andere "Snippets" wie "what a peaceful winter", "what a gorgeous winter", "what a silent winter". Ein paar der Texte scheinen mir zu einer gemeinsamen Stimmung beizutragen ("peaceful", "silent"), andere gehen irgendwie gegen den Strich ("gorgeous").
Zu diesem Zeitpunkt stellt sich dann die Frage, ob ich mit der Musik oder mit dem Text weitermache. Lieber ist mir die Musik, aber gerade deswegen sollte ich zuerst mehr Text schreiben ... In diesem Fall habe ich "mir selber nachgegeben" und die Stimmen weitergeschrieben. Und natürlich muss ich mir auch einen groben
Aufbau vornehmen, in diesem Fall:
- Ruhiges Hauptthema,
- dann erste "Action" – irgendwas muss passieren, was die Spannung anziehen lässt.
- Danach wieder zurück zum ruhigen Thema,
- danach ein weiterer, zweiter, fröhlicherer Höhepunkt.
- Zuletzt wieder Hauptthema, Ruhe ... allerdings: Will ich wirklich mit einem ruhigen Durklang aufhören? ... da will ich dann doch tatsächlich noch einen kleinen Überraschungseffekt zum Schluss!
Ab diesem Zeitpunkt kann ich machen, was mir Vergnügen macht:
Musik erfinden, so wie ich das will. Das Anschrauben eines
Textes – der dann an einigen Stellen natürlich die Melodie formt: dort, wo das Eis knackt ... – ist dann zwar etwas weniger unterhaltsam, aber ist hier auch ganz gut vorwärtsgegangen (zwei S-Bahn-Fahrten ...).
Und das war's – Ergebnis siehe oben!